Carsten Neumärker HP für Psychotherapie im Interview

Burnout & Depression - Wie kann ich es erkennen und was kann ich tun?

Carsten Neumärker
Heilpraktiker (Psychotherapie)

​Hypnotherapie Köln
in 50937 Köln
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Herr Neumärker, bitte stellen Sie Ihr Tätigkeitsfeld einmal kurz vor.

Ich  unterstütze Klienten, die schwerpunktmäßig mit erhöhtem psychischem Leidensdruck in meine Praxis kommen. Dabei spielt es erst mal keine Rolle, ob dabei eine Diagnose wie Angststörung, Burnout oder Depression im Vordergrund steht.

Manchmal geht es auch um Selbstwert oder Selbstvertrauen. Wobei das eine das andere nicht ausschließen muss.

Mittlerweile ist meine Praxis wegen des hypnotherapeutischen Ansatzes auch eine Anlaufstelle für Klienten, die schon vieles probiert haben, schulmedizinisch oder mit den psychotherapeutischen Kassenverfahren und subjektiv keine oder nur eine unzureichende Verbesserung ihrer Thematik für sich ausmachen konnten. Ich bitte, darin jetzt keine Aussage über die Schulmedizin und die Kassenverfahren zu sehen, denn mein Klientel ist da sicherlich alles andere als repräsentativ.

Was hat Sie dazu bewegt Ihren heutigen Beruf zu ergreifen? 

Mich haben schon immer Veränderungen und die Möglichkeiten von Veränderungen interessiert. Ich komme aus den Geisteswissenschaften, mit dem Schwerpunkt der Kunstgeschichte. Kunst war immer eine Triebfeder von Veränderungen im Sinne neuer Sichtweisen und Erfahrungsmöglichkeiten auf gesellschaftlicher Ebene.

Mein Focus richtete sich hingegen immer mehr auf die Veränderung des Einzelnen. Dazu habe ich anfänglich viel gelesen und später viele Erfahrungen sammeln können. Insbesondere im Umgang mit Sprache als Ausgangspunkt für Veränderungsprozesse.

Im Laufe der Zeit verdichtete sich das Interesse auf das Neurolinguistische Programmieren (NLP) sowie die moderne Hypnotherapie mit Milton Erickson.
​Insofern war die Entscheidung damit eben auch psychotherapeutisch zu arbeiten irgendwann überfällig.

Wie würden Sie Ihre Arbeitsphilosophie beschreiben?

Ich vertraue meinen Klienten, dass sie weit mehr Ressourcen zur Verfügung haben als ihnen im „Problemstatus“ bewusst ist.

Mein Beitrag ist es, diese Ressourcen wieder zugänglich zu machen, so etwa wie ein Kind laufen lernt. Es weiß nicht, dass es das kann und merkt, wie es zunehmend besser geht. Und – es muss nicht verstehen, wie es geht! Insofern fühle ich mich mehr als Initiator und Begleiter nützlicher Selbstprozesse.

Schwerpunktthemen Ihrer Praxis sind unter Anderem Burnout & Depression. Woran kann ich für mich erkennen, dass ich möglicherweise unter Burnout oder Depression leide und therapeutische Hilfe für mich sinnvoll wäre?  Wie kann ich eine Depression von einer „vorübergehenden Verstimmung“ unterscheiden?

Depressionen

Nach meiner Erfahrung gibt es mittlerweile, vielleicht auch unterstützt durch das Internet ein breites Wissen bezüglich Depressionen. Ich bin immer wieder erstaunt, mit welch genauen Selbstdiagnosen zum Teil meine Klienten aufwarten. Ich merke, dass da sehr viele Eigenkompetenzen vorhanden sind, auch den Zeitpunkt zu erkennen, dass der guten Ratschläge der Mitmenschen genug sind, und diese eher das Problem vertiefen. Dann genau ist der Punkt erreicht, sich professionelle Unterstützung zu holen.

Burnout

Bei Burnout ist das weitaus schwieriger. Es ist scheint wie so ein Glaubenssatz „wenn ich nur mehr tue, wird alles besser“ zu hinter liegen. Und selbst wenn jetzt jemand das hier liest und sich dabei ertappt, ja, diesen oder einen ähnlichen Glaubenssatz habe ich auch, wird er oder sie nicht unbedingt etwas ändern.

fatale Zutat beim Burnout

Denn die zweite fatale Zutat beim Burnout ist es, die eigenen Grenzen nicht wahrnehmen und wenn doch, nicht akzeptieren zu können. Offensichtlich wird Burnout erst für einen selbst erkennbar, wenn es zum emotionalen Zusammenbruch kommt, grundloses Weinen, nicht mehr Aufstehen können.

Frühindikator

Im Vorfeld ist zumeist die Konzentrationsfähigkeit stark vermindert. Es fallen Sachen aus der Hand, das Schreiben einer Email dauert über die Maßen lange. Speziell eine reduzierte oder fehlende Regenerationsfähigkeit ist ein Frühindikator, der jedoch von den Betroffenen auch im Lichte des vorhin genannten Glaubenssatzes zumeist ignoriert wird.
 
Auf welche Weise unterstützen Sie Ihre Klienten aus einer Depression wieder herauszukommen?

Betroffene befinden sich in einem Dilemma

Wenn ich jetzt auf diese Frage antworte, bezieht sich das auf leichte und mittelschwere depressive Phasen. Die Betroffenen befinden sich nach meinem Dafürhalten in einem Dilemma. Auf der einen Seite sehen sie sich den Anforderungen ihrer selbst, den ihrer Mitmenschen oder ihres Umfeldes ausgesetzt. Auf der anderen Seite haben sie eine oder mehrere Erfahrungen gemacht, dass ihr Engagement nicht oder nicht genügend Wertschätzung und Anerkennung erfährt. Und dann greift so etwas, wie - ich nenne es mal - eine innere Ökologie, die weiteres Tun und Handeln als nicht mehr lohnenswert erachtet.

Eigenkompetenzen & Lösungsansätze

Hier unterstütze ich im Wesentlichen den Ansatz einer Würdigung dieser inneren Ökologie als eigene kompetente Schutzfunktion. Hin und wieder kann das schon der Schlüssel sein, um weitere Eigenkompetenzen zu aktivieren und neue Lösungsansätze zu kontaktieren. Das mag jetzt etwas simpel klingen, weil es jetzt stark verkürzt ist. In der Praxis sind das zumeist recht komplexe Prozesse die eine Menge Erfahrung in der Feinsteuerung erfordern, und auch nicht immer erfolgreich sein können.​

Was sind Ihrer Erfahrung nach erfolgreiche ganzheitliche Ansätze um aus dem Burnout wieder heraus zu kommen bzw. gar nicht erst hineinzugeraten?

In der Tat spielen ganzheitlich Ansätze im hypno-systemische Sinne eine große Rolle bei der Behandlung von Burnout.

Herkunftsfamilie

Die Familien-Systeme, insbesondere die der Herkunfts-familie sind in meinen Augen maßgeblich bei der Entstehung beteiligt. Ich habe hier die Beobachtung machen können, dass in meiner Praxis Klienten oft von Lernerfahrungen in der Kindheit oder frühen Jugend berichten, die eine Selbstüberforderung darstellen - mögen es emotional instabile Elternteile gewesen sein, die 

Unterstützung einforderten, oder Lebenssituationen, die eine frühe Eigenverantwortung erforderten. 

Die darin liegende Selbstüberforderung kann sich zu einem Grundgefühl einschleichen, und als solches gar nicht mehr wahrgenommen werden. Aus diesem Grunde arbeite ich vorzugsweise auch systemisch-biographisch mit Klienten, die eine diesbezügliche Thematik und Erfahrung mitbringen.

​Aus diesem Grunde stehe ich auch präventiven Maßnahmen bei Burnout sehr skeptisch gegenüber.
Entspannungs- oder Regenerationsübungen können sicherlich durchaus sinnvoll sein.

Nur sehe ich die Gefahr bei Menschen, die die eben beschrieben Voraussetzungen zum Burnout mitbringen, dass sie so etwas sagen wie:

„Dann mache ich das eben auch noch!“

Und das sehe ich wiederum als sehr kontraproduktiv.

Worin sehen Sie die häufigsten Ursachen für Burnout bzw. Depressionen?

Ursachen für Burnout/Depressionen

Meines Erachtens braucht es das Zusammentreffen mehrerer Faktoren. Sicherlich leisten die gegenwärtigen Wirklichkeiten von Arbeitsverdichtung, mobiler Erreichbarkeit und unverbindlicheren Beziehungs-gestaltungen ihren Beitrag für die progressiven Anstiege der von Ihnen genannten Diagnosen. Nur ohne die entsprechenden Dispositionen insbesondere einer fehlenden Abgrenzung - wie nicht nein sagen können - , könnten auch diese nicht dermaßen um sich greifen.  

Sie befassen sich u. A. auch mit dem Kriegsenkel-Syndrom. Können Sie uns mehr darüber sagen?

Nach der Lektüre des Buches von Sabine Bode „Kriegsenkel“ habe ich noch einmal einen anderen Blick auf bestimmte Phänomene werfen können. Es war bekannt, dass es transgenerationale Übertragungen von Gefühlen geben kann. Bereits Sigmund Freud beschreibt das.

Kriegsenkel-Syndrom

Das Kriegsenkel-Syndrom beschreibt Symptome von erlebensbiografisch nicht nachvollziehbaren und diffusen Ängsten, seien es Existenz- oder Verlustängste, Bindungsbeschränkungen, suboptimales Selbstvertrauen und ein wie nicht in „seiner Kraft sein“. Zumeist ist die Generation der von 1960 bis 1975 Geborenen betroffen, insofern die Kriegsenkel Kinder von traumatisierten Kriegskindern sind, also Müttern und Vätern, die selbst als Kinder die Gräuel des Krieges erlebt haben. Auch wenn ich mir jetzt erlaube, die Sachverhalte pauschal zu verkürzen, sehe ich einen wesentlichen Faktor für das Kriegsenkel-Syndrom  in der Tabuisierung bzw. Leugnung  von Gefühlen in den Jahren des Wiederaufbaus bis hinein in die 80er des letzten Jahrhunderts, sowie in den Legendenbildungen zu den Schuldfragen.

Die für die damals Betroffenen durchaus nützlichen Strategien von Verleugnung und Abspaltung von Gefühlen wirken mitunter fatal für deren Kinder. Denn Kinder sind sensibel für Unausgesprochenes und Unstimmiges und füllen jeweils das Vakuum mit Bildern und Gefühlen, die dem Ursprünglichen wieder recht nahe kommen. Damit kommt es zu einer Ausstattung von Fremdgefühlen der Betroffen, die nicht nur die besagten Symptome befördern, sondern sich auch lange durchs Leben ziehen können. 

Ich habe in meiner Praxis einige Möglichkeiten finden können, Betroffene darin zu unterstützen sich dieser Fremdgefühle bewusst zu werden und einen günstigeren Umgang damit finden zu können, um Selbststärkung und Sicherheit zu erfahren.

Mit welchen weiteren Themen/Problematiken kann ich mich an Sie wenden?

Bei Prüfungsängsten und auch bei Allergien sind die von mir eingesetzten hypno-systemischen Methoden überproportional wirksam, ähnlich bei Migräne und Albträumen. 

Hin und wieder unterstütze ich Sportlerinnen und Sportler, die erfolgreich an deutschen und internationalen Meisterschaften teilnehmen mit Mentaltraining und Hypno-Performance-Formaten. Eine Arbeit mit viel Sinn für Feinheiten, was innere Haltungen, Erwartungen, Körperkoordination und Intuition betrifft.

Und demnächst werde ich „die Wege zur Rauchabstinenz“ anbieten, da ich mit dem „Tübinger Programm“ von C. Schweizer nun endlich eine Methode gefunden habe, die hypnotherapeutische Trancen mit einbezieht, wissenschaftlich untermauert ist und ohne Aversionen-Strategien auskommt, was mir persönlich sehr sympathisch ist.

Wie gestaltet sich eine Erst-Beratung wenn ich zu Ihnen komme? Was erwartet mich?

Ein Erstgespräch ist immer kostenfrei 

Es geht erst einmal darum, die Belange des Klienten in einer vertrauensvollen Atmosphäre kennenzulernen und um eine Einschätzung zu gewinnen, welche ich dann mit der potentiellen Klientin oder dem potentiellen Klienten teilen kann. Ich biete an, eine Zielvorstellung von der therapeutischen Zusammenarbeit zu formulieren, und was geschehen müsste, um zu erkennen, dass diese auch eingetreten sein könnte.

Im Weiteren werden auch die Befürchtungen oder Unklarheiten bezüglich der hypnotherapeutischen Trance besprochen. Fragen zur Trance-Tiefe, Hypnotisierbarkeit und den Befindlichkeiten in Trance werden ausführlich beantwortet.

Mögliche Faktoren einer Kontraindikation für Hypnose werden meinerseits abgefragt.

Anschließend skizziere ich den Ablauf der Therapie und deren Dauer, so dass auch der Kostenrahmen in etwa klar wird. Es wird auf die Möglichkeiten der Erstattung durch Private Krankenkassen oder Zusatzversicherungen hingewiesen.

Und erst wenn alle Fragen und Anmerkungen vollumfänglich abgeholt sind, beschließe ich das Erstgespräch.

Was ist Ihnen wichtig im Umgang mit Ihren Klienten?

Vertrauen, Anerkennung, Wertschätzung und manchmal ein Prise Humor!

Was lieben Sie besonders an Ihrer Arbeit?

Den intensiven Kontakt mit meinen Klienten und die Initiation von Veränderungen natürlich!

Ihr Lebensmotto in einem Satz?

In Anlehnung an Martin Buber:

​„Das Unbewusste liegt nicht in uns, es liegt zwischen uns!“

Wir bedanken uns ganz herzlich für das Interview!