Raum für Bewegung, Tanz und Therapie Elvira Thiess Tanztherapeutin BTD in 60318 Frankfurt für weitere Infos > zum Profil |
Sehr geehrte Frau Thiess, Sie sind Tanztherapeutin (BTD) und führen Ihren „Raum für Bewegung, Tanz und Therapie“ in Frankfurt (Hessen). Bitte stellen Sie Ihr Tätigkeitsfeld einmal kurz unseren Lesern vor. Als ausgebildete und vom Berufsverband anerkannte Tanztherapeutin biete ich tanztherapeutische Einzel- und Gruppensitzungen an. Außerdem leite ich verschiedene Selbsterfahrungs-gruppen, wie Ausdruckstanz und freie Tanzimprovisation, Authentic Movement und ganzheitliche Gymnastik unter tanztherapeutischen Aspekten. Was hat Sie dazu bewegt Ihren heutigen Beruf zu ergreifen? Schon in frühen Jahren habe ich Kinder- und Jugendgruppen geleitet. Dabei war ich schon immer fasziniert davon, wie Kinder spielerisch und mit ganzem Körpereinsatz die Welt be-greifen, entdecken und so die Grundlagen erlernen für eine spätere gesunde motorische, kognitive und emotionale Entwicklung. So kam ich zu meinem Grundstudium der Psychopädagogik und Psychomotorik. Als Tänzerin im Bereich Modern und Jazz entdeckte ich mit Mitte 20 den Ausdruckstanz und die Tanztherapie, die mir als wunderbare Ergänzung zur Psychomotorik einen noch umfangreicheren Zugang in der ganzheitlichen körperpsychotherapeutischen Arbeit mit Erwachsenen bot. Wie würden Sie Ihre Arbeitsphilosophie beschreiben? Ich begleite die Menschen, die zu mir finden ein Stück auf ihrem Lebensweg und biete einen geschützten Raum, in dem jeder einfach sein darf, so wie er gerade ist und mit allem, was er in diesem Moment mitbringt. Ich sehe mich als Begleiterin, die Hilfestellung, Raum und Impulse gibt, loszulassen, das wahre Selbst und die eigenen Ressourcen zu ent-decken. Tanztherapie bildet Ihren Arbeitsschwerpunkt. Können Sie uns diese Therapiemethode genauer vorstellen? Tanztherapie ist eine künstlerische und körperorientierte Psychotherapie Sie beruht auf dem Prinzip der Einheit und Wechsel-wirkung körperlicher, emotionaler, psychischer, kognitiver und sozialer Prozesse. Der Zugang über den Körper und die Bewegung bietet eine erhebliche Erweiterung der Möglichkeiten innerhalb des therapeutischen Prozesses. So können Themen zum Ausdruck kommen und verkörpert werden, die verbal vielleicht nie formuliert werden könnten. Neben den vom Klienten verbalisierten Themen, geben mir meine Beobachtungen auf der körpersprachlichen Ebene, wie Muskeltonus, Atmung, Haltung, Bewegungs-dynamik, alltägliche Bewegungen sowie Tanzbewegungen und deren Symbolgehalt Aufschluss über emotionale Belange des Klienten. All diese Informationen nutze ich in der Tanztherapie und biete entsprechende Interventionen an. Ich begleite den Klienten in seinem Prozess, wobei der Tanz und die Bewegung als Hauptmedien dienen, mit dem wahren Selbst in Kontakt zu kommen. Wo sehen Sie die besonderen Stärken der Tanztherapie? Welche Probleme, Beschwerden oder Anliegen können hiermit besonders gut angegangen werden? Die Tanztherapie ist eine ganzheitliche Methode, die den Körper in therapeutische Prozesse mit einbezieht. Der Körper birgt nicht nur eine Vielzahl an wertvollen Informationen, die uns beim Ent-decken des eigenen Selbst zur Verfügung stehen, sondern ist oft auch der Schlüssel für Veränderung und inneren Wandel. Das ist die Stärke der Tanztherapie: sie nutzt das Potenzial des Körpers und hilft, die eigenen Ressourcen zu entdecken. Ich erlebe es immer wieder, dass Klienten in ihrer Gesprächstherapie an Grenzen stoßen und deshalb eine Körperpsychotherapie beginnen. Mich suchen häufig Menschen auf, die das Gefühl haben, den Kontakt zu sich selber und ihrem Körper verloren zu haben und bei denen sich über die Jahre ein Leidensdruck aufgebaut hat. Es sind Menschen, die häufig ein sehr negativ geprägtes Selbstbild haben, die unter Leistungs-druck stehen und/oder Angst vor Kontrollverlust haben. Manche leiden an zwanghaften und einengenden Verhaltensmustern, Essstörungen, Depressionen oder Burn-out. Kinder Kinder kommen häufig zur Tanztherapie und Psychomotorik aufgrund von Entwicklungs-, Wahrnehmungs- und/oder Aufmerksamkeitsstörungen. Weshalb kann sich körperliche Bewegung so heilsam auf den Geist auswirken? Körper, Geist und Psyche bilden eine Einheit. Veränderungen auf der Bewegungsebene wirken auf die gesamte Persönlichkeit und fördern das ganzheitliche Erleben. Ist die Tanztherapie auch für Menschen geeignet, die normalerweise nicht unbedingt gerne tanzen? Es können durchaus oder gerade deswegen Menschen in der Tanztherapie Hilfe finden, die normalerweise nicht gerne tanzen. Die Frage ist ja, warum tanzen sie nicht gerne oder fühlen sich gehemmt oder unwohl, sich frei zu bewegen. Tanztherapie ist auch Körperarbeit, Bewegung, Gestaltung. Ein kreativer Prozess, bei dem es meine Aufgabe ist, den Klienten zu begleiten und dahin zu führen, den Zugang zum eigenen Körper und somit zur Bewegung, zum persönlichen Ausdruck und auch zum Tanz zu finden. Wie gestaltet sich eine Tanztherapie, wenn ich zu Ihnen komme? Was erwartet mich? Es gibt natürlich keine Vorlage, jede Stunde gestaltet sich anders, von Klient zu Klient, aber auch innerhalb eines Therapieprozesses von Stunde zu Stunde. Die ersten drei Sitzungen gebe ich mir und dem Klienten Zeit, uns kennen zu lernen und zu spüren, ob wir zusammen arbeiten möchten. Den Rhythmus und die Dauer der Sitzungen legen wir dann individuell fest. In der Regel einmal wöchentlich für eine Stunde oder vierzehntägig für neunzig Minuten. Ich arbeite prozessorientiert, d.h. wir schauen immer darauf, was im jeweiligen Moment passiert, wie sind Sie jetzt hier, was bringen Sie jetzt mit, usw. Dabei bestimmen Sie als Klientin das Tempo, den Rhythmus und wie weit Sie sich im jeweiligen Moment dem auftauchenden Thema annähern können. | Während Sie beginnen, den Fokus nach innen zu richten, tauchen vielleicht Gedanken, Gefühle, ein Körper-empfinden oder ein Thema auf, das Sie mitbringen. Ich würde Sie z.B. dazu einladen, mit all dem, was Sie wahrnehmen, im Hier und Jetzt und in diesem Raum anzukommen. Was brauchen Sie jetzt in diesem Moment, um auch mit Ihrem Körper anzukommen? Beim Gehen und Bewegen durch den Raum schauen wir, wo Ihre Aufmerksamkeit hingeht. Wie sind Sie mit Ihrem Körper hier, mit Ihrem Atem? Welche Empfindungen nehmen Sie wahr und welche Impulse entstehen daraus? Tauchen Gedanken, Themen, Gefühle, innere Bilder auf? Als Tanztherapeutin begleite ich Sie in diesem Prozess, stelle Fragen, gebe Anregungen, Impulse, spiegele und gebe durch meine Präsenz den Raum, in dem sich das Thema im Hier und Jetzt herauskristallisieren kann. Im Laufe der Stunde entwickelt sich ein roter Faden, wir steigen gemeinsam ein in einen tieferen Prozess der Selbsterforschung und Entdeckung. Dabei sind mir als Tanztherapeutin vor allem die Laban Bewegungsanalyse, die korrektive Körperarbeit nach Irmgard Bartenieff, die Disziplin Authentic Movement, sowie natürlich der Tanz als Ausdruck für das Innenleben, Körperwahrnehmungs-, Atem- und Entspannungsübungen hilfreiche Werkzeuge. Das Gespräch hilft, das Erlebte zu verbalisieren und somit bewusst zu machen. Können Sie verdeutlichen wie sich die Tanztherapie im Leben auswirken kann? Im Laufe eines Tanztherapie Prozesses wirkt das dort Erlebte im Alltag nach. Die aufgearbeiteten Inhalte werden transformiert und integriert. Einschränkende Verhaltensmuster können sich allmählich auflösen. Die Menschen finden wieder Vertrauen in sich selbst und ihre eigenen Ressourcen. Sie lernten ihre Bedürfnisse, Empfindungen, Gefühle und Grenzen wieder wahr zu nehmen und zu respektieren. So hilft die Tanztherapie auch im Alltag, mit sich selbst in Kontakt zu bleiben und eine achtsame und wohlwollende Haltung sich selbst, dem eigenen Körper und seinen Mitmenschen gegenüber zu entwickeln. Können Sie uns „Authentic Movement“ & „Ausdruckstanz“ noch etwas näher bringen? Sie bieten hier fortlaufende Kurse an. An wen richten sich diese Angebote? Authentic Movement ist eine körperorientierte Form der Selbstentdeckung, die unserer psychischen, kreativen und spirituellen Wirklichkeit zum Ausdruck und zur Entfaltung verhilft. Sie basiert auf dem Ausdruckstanz und der Psychologie von C.G. Jung (aktive Imagination). Die Grundform dieser Disziplin ist die Dyade: eine BewegerIn und eine ZeugIn, so wie es auch im tanztherapeutischen Einzel-Setting angewendet wird. Hier ist dann die TherapeutIn die ZeugIn und die KlientIn die BewegerIn. Im Gruppensetting nehmen alle TeilnehmerInnen abwechselnd und in verschieden möglichen Formen jeweils die Rolle der BewegerInnen und der ZeugInnen ein. Die TanztherapeutIn bleibt immer in der Rolle der ZeugIn. Sie ist, wie alle anderen ZeugInnen auch, wie ein Container, ein leerer Raum, in dem alles geschehen und Platz haben darf. Außerdem leitet sie die Gruppe durch den zeitlichen Ablauf und Wechsel von Bewegungsphasen und Sprechphasen. Der Ablauf ist immer klar strukturiert und verläuft in Stille ohne Musik: Nach dem Gong mit der Klangschale treten die „BewegerInnen“ in der unterstützenden und verbindenden Kraft der Gruppe und des Kreises, mit geschlossenen Augen wohlwollend in Kontakt mit inneren Impulsen, Bildern und Empfindungen, die das Unbewusste enthüllt und lassen sich von diesen bewegen. In der authentischen Bewegung werden innere Prozesse „aktiv“ verkörpert, sichtbar und lebendig. In diesem annehmenden Prozess des Wartens auf das, was sich authentischer weise enthüllt, findet der Körper Möglichkeiten des Ausdrucks für Inhalte, die erst als formlos empfunden werden. Dadurch wird der Integrationsprozess unterstützt und das persönliche Bewusstsein kann sich entfalten. Ein geschützter und vertrauensvoller Rahmen gibt jedem die Möglichkeit sich frei auszudrücken und wahrgenommen zu werden. Als „ZeugInnen“ erlauben wir uns, durch die Welt eines/r anderen berührt und bewegt zu werden, ohne zu bewerten. Die Wiederholung dieser Erfahrung vertieft die Erforschung der Eigen- und Fremdwahrnehmung gleichermaßen und stärkt das Vertrauen in die Wege des Unbewussten und in die eigene „innere“ BegleiterIn. Dieses Angebot richtet sich an alle, die die Sehnsucht verspüren, in einer meditativen und tief nach innen gerichteten Körperarbeit ihr wahres Selbst zu entdecken und Bewusstheit über ihre innere ZeugIn zu entwickeln. Beim Ausdruckstanz gibt es ein angeleitetes Thema, Musik, und jeder experimentiert frei und bringt das Thema ganz individuell zu einem tänzerischen Ausdruck. Ich leite das Ankommen im Raum und das Thema des Abends mit Hilfe von Körperwahrnehmungs- und Atemübungen, sowie klaren Übungen aus der frühkindlichen Bewegungsentwicklung an. Durch dieses Erforschen und Erleben und der Unterstützung des Atems und der tiefen Muskulatur entdecken wir natürliche, organische Bewegungsabläufe wieder. Wohlwollend, achtsam und wertfrei treten wir in Kontakt mit unserem Körper und unserem Selbst. Wir begeben uns in einen kreativen Prozess von Experimentieren und Erleben in Bewegung hin zu einem individuellen Ausdruck in der Tanzimprovisation. Dabei wird das Körper-und Bewegungsbewusstsein intensiviert und die innere Körperverbundenheit und das Gewichtszentrum aktiv erfahrbar gemacht. Es ist auch eine meditative und nach innen gerichteten Körperarbeit für die keine tänzerischen oder sportlichen Kenntnisse notwendig sind. Mein Ausdruckstanz Kurs richtet sich an alle, die gerne frei tanzen und improvisieren möchten und dabei wohlwollend und achtsam mit ihrem Körper in Kontakt treten möchten. Was ist Ihnen wichtig im Umgang mit Ihren Klienten? Dass ich mir selber immer ehrlich bleibe. Was lieben Sie besonders an Ihrer Arbeit? Ich liebe den Tanz. Ich liebe es, Menschen in Bewegung zu beobachten und über das Medium des Tanzes und der Bewegung mit mir selber und anderen in Kontakt zu treten, Resonanz zu spüren und gemeinsam in einen kreativen Prozess einzutauchen. Wir bedanken uns ganz herzlich für das Interview! |