Sehr geehrter Herr van Almsick, Sie sind Heilpraktiker und führen eine naturheilkundliche Praxis in Köln. Bitte stellen Sie sich und Ihr Tätigkeitsfeld einmal kurz unseren Lesern vor. Mein Name ist Benedikt van Almsick, ich bin Heilpraktiker mit Praxis in Köln-Bayenthal und arbeite in meiner Praxis insbesondere mit Chinesischer Medizin (Akupunktur) und Hypnosetherapie. Zur Diagnostik nutze ich neben der Puls- und Zungendiagnose aber auch Labordiagnostik (Blut-, Stuhl-, Urinuntersuchungen). Diagnostizierte Mangelzustände behandle ich dann auch mit entsprechenden Injektionen/Infusionen, um diese schnell auszugleichen. Gleichzeitig berate ich meine Patienten, damit sie über Ernährung und andere Lebensstilmaßnahmen langfristig möglichst auch ohne Ergänzung auskommen, ohne erneut in einen Mangel zu kommen. Seit wie vielen Jahren sind Sie bereits in Ihrem Beruf tätig, und was hat Sie dazu bewegt ihn zu ergreifen? Wie sind Sie zur Chinesischen Medizin gekommen? Eine eigene „unheilbare“ Erkrankung ohne befriedigende Therapiemöglichkeiten der konventionellen Medizin hat mich dazu gebracht, mich intensiv mit alternativen Methoden zu beschäftigen und gleichzeitig eine Heilpraktiker-Ausbildung zu beginnen. Die Vielfalt der Alternativmedizinischen Methoden hatte mich schon immer fasziniert. Nach „Ausflügen“ in die Ernährungsberatung, Homöopathie, Hypnose und Osteopathie habe ich dann 2005 einen Vortrag über Akupunktur und Chinesische Medizin besucht, der mich aufgrund der ganzheitlichen Sichtweise sofort überzeugt hat, mich selbst mit dieser Methode behandeln zu lassen. Diese Behandlung hatte durchschlagenden Erfolg, so dass sich meine Symptome (die z. T. bereits mehrere Jahre bestanden) nach und nach auflösten. Gleichzeitig konnte ich immer mehr erkennen, wie ich selbst Einfluss auf mein Leben nehmen konnte – und damit auch auf den Krankheitsverlauf. Da meine eigene Heilpraktikerin auch Ausbildungen im Bereich Akupunktur/Chinesische Medizin angeboten hat, habe ich diese Ausbildung dann auch absolviert und wende sie seit meiner Praxiseröffnung 2009 sehr erfolgreich an. Trotzdem (oder gerade deshalb) ist meine Ausbildung in dieser Hinsicht noch lange nicht abgeschlossen. Man sagt, es braucht 800 Jahre, um Chinesische Medizin zu lernen… Seit 2011 unterrichte ich mit meiner eigenen Lehrerin und Heilpraktikerin und mit meiner Partnerin gemeinsam Akupunktur/Chinesische Medizin. Die Sichtweise und Philosophie der Chinesischen Medizin ist heute für mich ganz selbstverständlich in mein Leben integriert. Wie würden Sie Ihre Arbeitsphilosophie beschreiben? Ich behandle Menschen, keine Krankheiten. Als Heilpraktiker habe ich den Vorteil, mir viel Zeit für meine Patienten nehmen zu können. Meine Behandlungstermine dauern in der Regel etwa 90 Minuten. 90 Minuten, in denen der Patient im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht. Ich möchte meine Patienten kennenlernen. Mich interessiert, welche Themen sie beschäftigen, was sie belastet, was ihre Leidenschaften sind. Nicht nur die Liste der Krankheitssymptome. Nur so kann ich individuell und ganzheitlich behandeln. Sie Arbeiten in Ihrer Praxis mit einem breiten Therapiespektrum: Orthomolekulare Medizin, Medizinalpilze, Medizinische Heilhypnose, Vitalwellentherapie, Fußreflexzonentherapie sowie im Besonderen mit Akupunktur bzw. der traditionellen Chinesischen Medizin (TCM).Ein Schwerpunktthema Ihrer Praxis ist u.a. die alternative Therapie bei Multipler Sklerose. Können Sie uns vielleicht zunächst das Krankheitsbild einmal kurz umreißen? Was ist Multiple Sklerose (MS)? Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der zunächst die Myelinscheiden (die „Isolierungen“ der Nerven, die auch für eine schnelle Weiterleitung der Nervenimpulse sorgen) angegriffen werden, später im schlimmsten Fall auch die Nerven selbst. Es kommt zu Entzündungsherden, die später vernarben („sklerosieren“). Da alle Nerven im Gehirn und Rückenmark betroffen sein können, können die Symptome sehr unterschiedlich sein. Man nennt die MS daher auch die „Krankheit der 1000 Gesichter“. Am bekanntesten/auffälligsten sind Sehstörungen durch eine Sehnerventzündung (häufig das Symptom, das zur Diagnose führt), Gangstörungen, Schwächesymptome und chronische Müdigkeit (Fatique). Aber auch Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Sprachstörungen, Blasenfunktionsstörungen und viele andere Symptome sind möglich. Die Ursache dieser Erkrankung ist noch nicht geklärt, was eine Entwicklung wirksamer Medikamente natürlich schwer macht. Vermutet werden Autoimmunprozesse, was aber nach wie vor umstritten ist. MS kann schubförmig verlaufen, d. h. die Symptome treten plötzlich (in einem Schub) und für begrenzte Zeit auf, im Idealfall bilden sich diese Symptome vollständig wieder zurück, so dass zwischen den Schüben keine Beeinträchtigungen bestehen. Die andere Möglichkeit ist ein chronisch-progredienter Verlauf, bei dem keine Schübe mehr bestehen, sondern sich der Zustand schleichend immer weiter verschlechtert. Auch Mischformen sind möglich, bei denen die Symptome zwischen den Schüben z. B. nicht vollständig zurückgehen und sich über die Zeit immer mehr Einschränkungen aus Restsymptomen anhäufen. Auch ein Übergang von schubförmiger MS in chronisch-progrediente MS ist möglich. In Deutschland sind von 1.000 Einwohnern etwa 2-3 Menschen betroffen, womit MS die häufigste chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems ist. Die steigende Zahl der Betroffenen (vor etwa 10 Jahren sprach man noch von nur 1 Betroffenen je 1.000 Einwohnern) ist allerdings auch auf die bessere Diagnostik zurückzuführen. Diagnostiziert wird MS bei entsprechenden Symptomen in der Regel durch MRT und Liquordiagnostik, wobei eine MS-Diagnose durch diese Methoden nie ausgeschlossen, sondern nur in einigen Fällen gesichert werden kann. Wichtig ist immer auch der Ausschluss einer Borreliose, da diese sehr ähnliche Symptome verursachen kann und alleine aufgrund des MRT-/Liquor-Befunds nicht immer unterschieden werden kann. Dieser Ausschluss wird seit einiger Zeit zum Glück in der Regel standardmäßig durchgeführt. Was kann die Alternative Heilkunde bei MS leisten? Welche Therapiemethoden kommen zum Einsatz? Was die Alternative Heilkunde leisten kann Eines vorab: Natürlich kann eine MS auch mit alternativen und komplementärmedizinischen Methoden nicht geheilt werden. Wer dies behauptet (und leider gibt es immer wieder solche Berichte im Internet über angebliche Wundermittel), handelt verantwortungslos und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Alternativmedizin leider immer noch häufig mit Scharlatanerie gleichgesetzt wird. Dennoch lassen sich mit alternativen Methoden – die übrigens in den meisten Fällen die konventionellen Behandlungen hervorragend ergänzen können – häufig Erfolge erzielen: Bestehende Symptome können gelindert oder sogar ganz aufgelöst werden. Die Zeit zwischen den Schüben kann verlängert werden, auch wenn dies natürlich nur schwer zu beurteilen ist, da es ja auch ohne Behandlung nicht vorhersagbar ist, wann der nächste Schub kommt. Lebensqualität und Lebensfreude können verbessert werden. In meiner Praxis verbringe ich allerdings auch viel Zeit damit, zunächst einmal gegen die Angst und Hoffnungslosigkeit vorzugehen, die viele Patienten aufgrund der Diagnose und Symptome haben. MS ist aber keine Diagnose mit fest vorgegebenem Verlauf, die unweigerlich im Rollstuhl endet! Vielen MS Patienten merkt man die Erkrankung gar nicht an, auch wenn natürlich die schweren Fälle auffallen und somit bekannter sind. Zur Behandlung können viele verschiedene Methoden zum Einsatz kommen. In meiner Praxis nutze ich hauptsächlich die Akupunktur im Rahmen der Chinesischen Medizin. Gleichzeitig empfehle ich häufig Heilpilze und eine Ernährungsberatung nach den 5 Elementen, oder Bewegungstherapien wie z. B. QiGong. | Wichtig sind mir auch Laboruntersuchungen, die Mangelzustände oder Schwachstellen im Stoffwechsel, Vitamin- oder Hormonhaushalt aufdecken und dann im Zweifelsfall über gezielte Injektionen/Infusionen oder Nahrungsergänzungsmittel behoben werden können, falls dies nicht (schnell genug) über die Ernährung möglich ist. Zusätzlich habe ich mir ein Netzwerk mit anderen Heilpraktikern, Ärzten und anderen Therapeuten aufgebaut , so dass ich ganz individuell auch andere Therapieformen empfehlen kann. Häufig empfehle ich z. B. auch eine Cranio-Sakral-Therapie oder andere osteopatische Behandlungen, oder auch eine homöopathische Behandlung. In welcher Weise unterscheidet sich die alternative Therapie von der herkömmlichen schulmedizinischen Behandlung bei MS? In erster Linie dadurch, dass ich bei meinen Behandlungen sehr viel individueller auf meine Patienten eingehe, als es einem Arzt möglich ist. Unser Gesundheitssystem erlaubt es Ärzten leider nicht, sich so viel Zeit für einen Patienten zu nehmen, wie ich es kann. Dies gefällt den Ärzten in der Regel auch nicht, lässt sich aber aufgrund des finanziellen Drucks und der Vorgaben der Krankenkassen nicht so leicht ändern. Weiterhin nehme ich meinen Patienten nicht die Verantwortung für Ihre Gesundheit ab. Durch viele meiner Empfehlungen erhält der Patient die Möglichkeit, selbst positiven Einfluss auf seinen Zustand und auf den gesamten Krankheitsverlauf zu nehmen. So fühlen sich die Patienten nicht so hilf- und machtlos der Krankheit ausgeliefert. Zum Glück wird dies auch in der konventionellen Therapie immer häufiger so gesehen. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass ich nur frei verkäufliche, also rezeptfreie Mittel einsetzen darf. Dies führt aber auch dazu, dass die Methoden und Mittel mit geringerem Risiko verbunden sind und möglichst wenig unerwünschte Nebenwirkungen besitzen. Für mich hat oberste Priorität, dem Patienten nicht zu schaden. Daher setze ich nichts ein, das einem Gesunden schaden würde. Trotzdem können in einigen Fällen rezeptpflichtige Medikamente, die mir nicht zur Verfügung stehen, sinnvoll und wichtig sein. Aus diesem Grund halte ich nichts von „entweder Schul- oder Alternativmedizin“, sondern befürworte die verantwortungsvolle Kombination zum Wohle der Patienten. Sie betonen, dass das bewusste Wahrnehmen und Fühlen, die Beschäftigung mit der Krankheit, dem eigenen Leben und den eigenen Emotionen wichtig sind, dass dies alles Kraft und Freiheit bringen kann. Können Sie uns dies genauer erläutern? Nach der Philosophie der Chinesischen Medizin beginnt jede Krankheit auf der emotionalen Seite. Emotionen sind dabei wertfrei zu sehen und sollen uns in unserem Verhalten und Lebensweg lenken. Erst wenn diese Emotionen über lange Zeit unterdrückt und ignoriert werden, müssen die Signale deutlicher werden und es entstehen Krankheiten. Leider lernen wir schon als kleine Kinder, dass wir bestimmte Emotionen nicht haben dürfen, unser Leben ist von Verboten, Pflichten und sonstigen Regeln geprägt, die unsere Persönlichkeit und unsere Leidenschaft z. B. gar nicht berücksichtigen, sondern häufig genug unterdrücken. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir alle zu Egoisten werden müssen und ohne Rücksicht auf Gesetze und Mitmenschen immer nur auf uns gucken sollen. Trotzdem sollte man sich selbst nicht aus den Augen verlieren. In meinem Leben bin ich der wichtigste Mensch. Jeder ist sich selbst am nächsten. Wenn ich mir selbst schon nichts Gutes tue, mich selbst nicht wichtig nehme, warum sollten es dann andere tun? Unser Leben führt uns in vielen Fällen in Krankheiten und Leid. Das soll keine Schuldzuweisung sein, sondern eine Handlungsmöglichkeit. Wenn mein Leben mich in eine Krankheit hineingeführt hat, dann kann eine Lebensveränderung mich vielleicht ja auch wieder herausführen. Viele meiner Patienten sehen das als Chance, endlich das zu tun, was sie schon immer wollten. Ihre Leidenschaft zu leben. Häufig müssen sie allerdings erst herausfinden, was überhaupt ihre Leidenschaft ist. Erstaunlich finde ich immer wieder, dass alleine durch diesen Prozess häufig der Krankheitsverlauf sehr deutlich verändert wird. Wie gestaltet sich eine Therapie wenn ich als MS-Patient zu Ihnen komme? Zunächst führe ich mit meinen Patienten ein sehr ausführliches Gespräch, um mir ein Bild vom Zustand, aber auch vom gesamten Leben des Patienten zu machen. Außerdem wird besprochen, welche Befunde bereits existieren, damit ich diese möglicherweise bei meiner Therapie berücksichtigen kann. Möglicherweise empfehle ich auch sofort weitere (Labor-)Untersuchungen, um noch nicht vorhandene, aber wichtige Werte zu ermitteln. In den meisten Fällen erfolgt dies aber erst später, wenn ich den Patienten besser kenne und so die benötigten Untersuchungen aufgrund meiner bis dahin vorhandenen Erkenntnisse auf ein notwendiges Maß reduzieren kann. Die normale Behandlung gliedert sich dann jeweils in verschiedene Teile: Ein ausführliches Gespräch, in dem ich wissen möchte, wie es dem Patienten geht, was sich seit der letzten Behandlung verändert hat, welche Themen ihn beschäftigen. Eine Fußreflexzonenmassage, die nicht nur sehr wohltuend und entspannend ist, sondern von mir hauptsächlich auch als diagnostisches Mittel verwendet wird, um später die Akupunkturbehandlung individuell festzulegen. Puls- und Zungendiagnose vor der Akupunktur, auch hier um mir ein noch genaueres Bild vom aktuellen Zustand des Patienten zu machen und gemeinsam mit den Erkenntnissen aus Gespräch und Fußreflexzonenmassage festzulegen, welche Punkte ich mittels Akupunktur behandle. Akupunktur, die wie oben beschrieben immer individuell ist. Es gibt keine fixen Behandlungskonzepte, bei denen für ein Symptom oder gar für die gesamte Krankheit immer die gleichen Punkte genadelt werden, sondern die Akupunktur erfolgt immer aufgrund der aktuellen Befunde und des Gesamtverlaufs. Noch einmal eine Puls- und Zungendiagnose, um die Wirkung der Akupunktur nach der Sitzung zu überprüfen. Zusätzlich bieten Sie auch Beratung für Partner, Freunde und Familienmitglieder von MS-Patienten an. Weshalb ist dies sinnvoll bzw. wertvoll? Nicht nur für die Patienten selbst, auch für das nähere Umfeld ist die Diagnose MS ein Schock. Gleichzeitig herrscht in den meisten Fällen eine große Unsicherheit, wie man mit dieser Diagnose, den Ängsten und Symptomen des Betroffenen umgehen soll. Die einen versuchen die Krankheit auszublenden und totzuschweigen, die anderen „bemitleiden“ den betroffenen Menschen so sehr, dass dieser aus seinem Leid gar nicht mehr herauskommt. Da beide Seiten sich im schlimmsten (und gar nicht seltenen) Falle aber nicht trauen, diese Unsicherheit anzusprechen und einen gemeinsamen Weg für den Umgang zu finden, macht solch eine Beratung Sinn. Ziel kann ein bewusster Umgang sein, in dem Mitgefühl statt Mitleid vorhanden ist, aber jeder weiterhin auch auf seine eigenen Bedürfnisse und Grenzen achtet und sich nicht „aufopfert“. Das ist eine Gratwanderung, die langfristig nur durch eine offene Kommunikation gelingen kann. Hierbei kann eine initiale oder auch ab und zu wiederholte Beratung helfen. Gelingt dies, kann sich die Beziehung sehr festigen, es entstehen Nähe, Wärme und Geborgenheit. Was ist Ihnen wichtig im Umgang mit Ihren Klienten? Für meine Arbeit, aber auch für mich persönlich benötige ich einen engen Kontakt zu meinen Patienten. Ich komme meinen Patienten während der/durch die Behandlung sehr nahe, denn aus der Distanz kann ich wenig verändern. Gleichzeitig respektiere ich natürlich die Grenzen meiner Patienten. Alle meine Ratschläge sind nur Empfehlungen, der Patient entscheidet, was davon er annimmt und umsetzt. Was lieben Sie besonders an Ihrer Arbeit? Ich liebe es, so viele unterschiedliche Menschen kennen zu lernen. In jedem Menschen das Einzigartige und Perfekte zu sehen. Und natürlich freue ich mich riesig, wenn ich meinen Patienten helfen kann und sie auf ihrem ganz persönlichen Weg begleiten und unterstützen darf. Ihr Lebensmotto in einem Satz? Leben findet hier und jetzt statt, weder in der Vergangenheit, noch in der Zukunft! Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Antworten. |
zum Thema Alternative Therapie bei Multipler Sklerose
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